Wer kennt nicht diese herrlichen Transportmittel von Venedig? Allerdings käme man ohne die professionelle Hilfe von einem Gondoliere nicht einen Kanal weiter. Ohne die sympathischen Italiener in Ringelshirt und Strohhut kann ich mir die Lagunenstadt gar nicht vorstellen. Traditionell wird das Gewerbe vom Vater auf den Sohn übertragen, weshalb man wohl keine Frauen an Bord einer Gondel entdecken wird.

Ich glaube, dass ich aber mal vor einigen Monaten etwas darüber gelesen habe, dass eine Deutsche sich in dieser männerdominierten Welt durchgesetzt hat. Allerdings kann ich gut verstehen, warum die Venezianer in diesem Punkt eigen sind. Denn Hand aufs Herz: Ich möchte keiner Frau oder anderen Menschen ihre Leistungen schmälern, aber wenn nicht jemand, der in Venedig geboren ist, Gondoliere ist, dann sollte er tatsächlich auch keinen Anspruch darauf haben.

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Ein vertrautes Bild in Venedig!

Das ist so ein ganz spezielles Ding, findet ihr nicht? Ich vergleiche es gern mit einer Fiakerstadt durch Wien. Wenn mich der Kutscher plötzlich mit Berliner Dialekt anspricht und mir etwas über die Geschichte unserer wunderschönen Stadt erzählt, wäre das auch etwas “anderes” als man erwartet.

Teure Lizenzen, heiß begehrte Plätze

Es ist übrigens gar nicht so einfach, als Gondoliere finanziell zu überleben. Ja, die Preise klingen gepfeffert, aber nicht immer läuft die Saison so gut. Bestes Beispiel die jetzige Corona-Krise. Venedig ist unglaublich leer, wie ihr übrigens auf dem folgenden Video von Max Nomad sehr gut sehen könnt. Der sympathische Globetrotter (Max, ich beneide dich extrem, dass du gerade in Venedig warst!!!) ist in meinem, in unserem geliebten Bella Italia unterwegs und fing mit dem Video gut ein, wie die Lage vor Ort aktuell ist.

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Für alle, die Venedig mal ohne Menschenmassen erleben (und fotografieren) möchten: Perfetto! Grazie Max Nomad für dieses schöne Video!

Die Lizenzen jedenfalls kosten über 100.000 Euro. Das heißt, dass ein venezianischer Gondolieri sehr viele gut gebuchte Fahrten über den Canal Grande machen muss, um allein die Gebühren wieder einzuspielen. Dabei sind Reparaturen, die tägliche Pflege der Gondel und Wetterkapriolen noch gar nicht inkludiert.

Die Entstehung einer Gondel ist sehr aufwändig. Allein das Holz hat einen stolzen Preis, aber das ist einem echten Gondolieri alles wert. Diese Gondel ist dann sein Zugpferd, sein Prunkstück. Junge Italiener, die davon träumen, auch mal mit der eigenen Gondel durch die Kanäle der Serenissima zu staken, putzen morgens und abends unzählige Gondelrümpfe. Damit sie bei der nächsten Fahrt wieder im Sonnenlicht funkeln können.

Die Entwicklung der Gondel

Der Prunk einer Gondel wurde ab dem 17. Jahrhundert wichtig. Wie vieles in Italien scheint größer gleich besser zu bedeuten. Die Geschlechtertürme von San Gimignano oder Florenz feuerten die Konkurrenz ebenso an wie die Länge einer Gondel in Venedig. Die typische Gondel der Renaissance war 8,68 Meter lang, 1,39 Meter breit und verfügte über einen Tiefgang von 59 Zentimetern.

Im 18. Jahrhundert lag die Länge bei 10,90 Metern, einer Breite von 1,38 Metern und einem Tiefgang 48 Zentimetern. Verglichen mit den heutigen Gondeln auf dem Canal Grande schon sehr ähnlich: 10,83 Meter lang, 1,42 breit und 54 Zentimeter Tiefgang.

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Majestätisch gleitet die Gondel durch das Wasser.

Bei Aqua Alta haben die Gondolieri Schwierigkeiten, unter den vielzähligen Brückenbögen durchzukommen, bei Niedrigwasser müssen sie darauf achten, welche Wasserwege sie benutzen. Nur noch wenige maestro verstehen es, originale Gondeln zu bauen. Dabei ist dieses Handwerk wirklich einzigartig und unersetzlich, denn die Gondolieri vertrauen ihren erfahrenen maestri, wenn es darum geht, die Gondel zu überholen und zu reparieren.

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So ist der squeraiol, der Schiffszimmermann, bis heute ein sehr ehrenwerter Beruf. Schon im arsenale, wo die schnellen Karavellen für die Seerepublik Venedig gebaut wurden, waren die sehr geschickten Handwerker sehr gefragt. Heute braucht ein erfahrener maestro keinen Bauplan, denn diesen hat er in seinem Gedächtnis verewigt. Das erklärt, warum jede Gondel so teuer ist. Sie sind einzigartige Unikate, gebaut wird übrigens nach den traditionellen Maßen, abseits von Dezimalzahlen und Zentimetermaß.

Gondoliere – ein Beruf für sportliche Männer

Wenn ihr in Venedig seid, achtet mal auf die Beinarbeit der Gondolieri. Diese künstlerisch anmutende Tänzelaktion hat den Hintergrund, dass das schmale Gefährt gut ausbalanciert werden muss. Gleichzeitig muss aber auf darauf geachtet werden, dass das Fahrtempo konstant gehalten wird und die Gondel ruhig im Wasser liegt. Alle Komponenten haben einen deutlichen Einfluss auf das Erlebnis der Gondelfahrer.

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Ein herrliches Panorama!

Das Geheimnis des Erfolgs der Gondolieri

Mit der Qualität von Holz und maestro steigt der Wert einer handgefertigten Gondel. Das Eichenholz muss mindestens 12 Meter lang sein. Mithilfe von einem “Gestell” wird der Rumpf optimal ausgerichtet, dann geht es weiter mit den Planken für Bug und Heck, mit Querrippen und Längsrippen. Das klingt schon sehr kompliziert und wenn man sich die wenigen Originalpläne ansieht, fragt man sich, ob heute noch jemand in der Lage ist, dieses Handwerk zu lernen.

Wie bei Gondoliere wird auch dieses tausendjährige Wissen um das richtige Holz und den perfekten Zeitpunkt für den Bau von Generation zu Generation weitergeben. Viele fürchten allerdings um ein Aussterben, denn nicht jeder junge Venezianer möchte in die Fußstapfen seines Vaters oder Großvaters treten.

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Allein die Verzierungen der Gondeln sind sehr unterschiedlich.

Ganz wichtig ist auch die Innenausstattung der Gondel, parecio genannt. Plüschkissen und Sitze, Skulpturen aus Messing oder Bronze werden nach alten Modellen hergestellt. Besonders beliebt sind Seepferdchen, die cavai. Die Hauptbank wird sentar genannt. Besonders edel wirken die Gondeln mit typisch venezianischen Mustern und Flaggen.

Die Stühle einer eleganten Gondel bestehen aus Mahagoni oder Nussbaum. Ihr merkt, Qualität muss sein, was sich wie bereits erklärt, auch im Preis der Kunden später niederschlägt. Auf den Fotos kann man einzelne Details der Gondeln gut erkennen und versteht, wie filigran dieses Handwerk ist. Mal eben etwas gedrechselt? Mitnichten.

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Bella venezia!

Ich hoffe, ihr hattet Spaß auf unserer kleinen Gondelfahrt durch Venedig. Buona settimana! Genießt den Sommer fern von bella italia und schmiedet fleißig Pläne, wohin es vielleicht schon bald wieder geht.

Ich bleib zumindest schreiberisch jetzt mal wieder Venedig und Kalabrien treu. Mein neuer historischer Roman zu Florenz und der Kuppel von Filippo Brunelleschi kommt Ende des Jahres aus dem Lektorat. Bis dahin habe ich das herrliche Vergnügen, mich auf den historischen Venedig-Roman und Band 2 meiner Kalabrien-Reihe zu konzentrieren.

Ciao Manu
Autorin und Bloggerin aus Leidenschaft, die Euch gerne auf ihren Recherche-Reisen quer durch Italien mitnimmt!