Wer Italien verstehen möchte, sollte einmal Scilla besuchen. Das idyllische Fischerdorf im Süden von Kalabrien weckt eine unbekannte Sehnsucht und zeigt gleichzeitig, wie entbehrlich und einsam das Leben manchmal sein kann. Einst war Scilla ein Ort des Fischfangs, vor allem der Schwertfisch (pesce spada) dominierte das Haushaltseinkommen der Einwohner.

Heute sind die imposanten Boote mit ihren bis zu 40 Meter hohen Ausgucksplattformen mehr eine Touristenattraktion. Allerdings gibt es außer Scilla nur noch einen Ort in Italien, wo noch Schwertfischfang betrieben wird. Auch, wenn es viele Tierschützer als brutal betrachten, ist es eine der härtesten Fischfangmethoden. Ich hoffe, dass mein Italienisch bald besser wird. Oft habe ich mir gewünscht, die alten Fischer nach ihren aufregenden Fischertagen zu befragen.

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Ein Schwertfischfängerboot auf Fangkurs

Schon die Anfahrt auf Scilla macht kribbelig. Die bevorzugte Lage vor der Meeresenge von Messina ermöglichte dem Ort den damaligen Fischreichtum. Die Strömungen sollten in dieser Region allerdings nicht unterschätzt werden. Dort, wo das Ioische Meer auf das Tyrrhenische Meer trifft, gibt es extreme Unterschiede und gefährliche Strudel.

Das ist einer der Gründe, warum bei dieser Passage die Kreuzfahrtschiffe vor den Äolischen Inseln einen Lotsen an Bord aufnehmen. Nur jemand, der diese gefährlichen Gewässer kennt, sollte sich an das Steuer eines Bootes wagen, ob Ruderboot, Segelyacht oder Kreuzfahrtriese.

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Marina Grande – Die wunderschöne Strandpromenade von Scilla

Scilla besticht durch seine engen, verträumten Gassen und Brunnen, verspielte Katzen und die Liebe zum Meer. Zwischen vielen Häusern befindet sich quasi ein Parkplatz. Allerdings nicht für das Auto, sondern das Boot. Wer sich die Gassen hinauf quält, wird mit einem traumhaften Blick über die Bucht und die Meeresenge belohnt.

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Das Fischerboot ist einsatzbereit …

Auf dem unteren Boot sieht man das Castello Ruffo. Die alte Festung lohnt einen Besuch und verspricht tolle Aufnahmen auf Scilla. Von hier aus kann man auch gut die kreisrunden Fahrten der Schwertfischerboote beobachten.

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Castello Ruffo – eine der ältesten Familien der Welt residierte hier

Schwertfischfang in Scilla

Der traditionelle Schwertfischfang folgt strengen Gesetzen und Richtlinien. Was wie zufällig aussieht, hat durchaus Plan. Zwischen dem Frühjahr und dem Sommer paaren sich die Schwertfische und kommen dadurch gefährlich nahe der Küste. Der Ausgucker gibt Bescheid, sobald er einen Schwertfisch sichtet und dann muss es sehr schnell gehen. Der Harpunier-Mann geht über den gut zehn Meter hinausragenden schwankenden Steg, um die Harpune abzusetzen. Niemand macht unnötige Bewegungen oder Lärm, um die scheuen Tiere nicht vorschnell zu verjagen.

Es ist nicht einfach, einen Schwertfisch zu fangen. Die Tiere jagen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h durch das Meer. Es kann schon mal passieren, dass ein Schwertfisch mit seinem namens gebenden Schwert den Rumpf eines Bootes rammt und regelrecht im Holz feststeckt.

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Ahoi, Schwertfisch in Sicht? Schwindelfrei sollte man unbedingt sein!

Chianalea – der Fischerhafen von Scilla

Wer nach Scilla kommt, lässt meist die Marina Grande rasch hinter sich, bewundert kurz die 600 Meter lange Strandpromenade oder lässt sich in einem gemütlichen Strandcafé eine Erfrischung bringen.

Der Geheimtipp schlechthin bei vielen Gästen ist das historische Fischerviertel Chianalea. Das liegt unmittelbar unter dem Castello Ruffo und besticht durch seine Ruhe. Wenn nicht gerade eine der vielen Reisegruppen durchgeschleust wird. Über das Meer hinausgebaute Holzterrassen von kleinen Restaurants und Cafés laden an, eine Pizza zu genießen oder eines der hervorragenden Fischgerichte zu probieren. Natürlich darf hier auf keiner Speisekarte der Schwertfisch fehlen. Man lauscht der sanften Meeresbrandung und verliert sich in der Betrachtung des Himmels, dem Meer und den blauen Booten, die im Hafen schaukeln. In Chianalea könnte man deutlich länger verweilen und würde sich nicht langweilen.

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Kleiner Tipp: Das liebevoll eingerichtete Heimatmuseum von Scilla mag nicht mit einem großen Museum mithalten, doch jeder einzelne Gegenstand stammt aus den umliegenden Häusern und Bewohnern, die ihren Teil zu der Erhaltung der Geschichte Scillas und dem Schwertfischfang etwas beitragen wollten.

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Chianalea – das alte Fischerdorf von Scilla ist einer der touristischen Höhepunkte

Allein bei dem Anblick des herrlichen Grüns der Landschaft mit seinen charakteristischen Hügeln und den kleinen Häusern wird mir warm ums Herz. Wann geht es endlich wieder nach Kalabrien. Ach ja! Wenn euch das Castello Ruffo vertraut erscheint, dann habt ihr als aufmerksame Blogleser recht. Natürlich ist die Familie Ruffo genau jene, die auch meinen Lieblingspalazzo in Tropea besaßen.

Abends genießt man von der Meeresseite aus einen romantischen Blick auf die Costa Viola, die violette Küste. Das liegt an der besonderen blau violetten Färbung der Felsen. Und gegenüber kann man die Äolischen Inseln und Stromboli sehen, ein Traum, oder? Mein Tag in Scilla zeigte noch ein ganz anderes Bild, das die hervorragende Wasserqualität Kalabriens bestätigt. Zum Ansehen sind sie ganz süß, diese Quallen, aber Tage später machte ich gleich Bekanntschaft mit einer und das war dann nicht mehr süß, sondern verdammt schmerzhaft.

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Quallenalarm: Allerdings bestätigen sie die tolle Wasserqualität von Kalabrien.

Weil es so schön war, konnte ich natürlich nicht aufhören, Fotos zu machen. Zum Abschluss des heutigen Blogs findet ihr noch ein paar wunderschöne Aufnahmen. Genießt es bei einem Glas Rotwein oder einem Limoncello. Ein Ausflug nach Scilla sollte in eurer Ausflugsplanung keinesfalls fehlen.

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Blick auf Stromboli

Die Warnung vor den Strudeln und Strömungen gilt auch für die Taucher unter euch. Bitte keinesfalls eure Fähigkeiten unterschätzen, sondern vor Ort erkundigen und besser noch einen erfahrenen Tauch-Buddy mitnehmen. Buono settimana!

Ciao Manu
Autorin und Bloggerin aus Leidenschaft, die Euch gerne auf ihren Recherche-Reisen quer durch Italien mitnimmt!